All You Can Row oder Wer Kann Am Längsten

Der Karlsruher Rheinklub Alemannia hatte wieder zu All You Can Row geladen und zehn unerschrockene Ruderer des MRC hatten sich dieses Jahr daran getraut zu versuchen, neue persönliche Ruderstreckenrekorde aufzustellen. Das Teilnehmerfeld war mit etwas über 100 Rudererinnen und Ruderern etwa doppelt so groß wie im Vorjahr, was die Veranstalter vor gewisse Herausforderungen stellte, die aber alle mit Bravour gemeistert wurden. So wurden wir kurzerhand zur Übernachtung zum KRV Wiking und dem Kanuclub Rheinbrüder drei Hafenbecken weiter ausquartiert. Die Anreise am Freitagabend inklusive des vom AYCR-Team organisierten Bahnhofsshuttle lief reibungslos. Während wir Bahnfahrer uns schon mal ein Kaltgetränk und ein Grillsteak genehmigten, wurden wir dann so gegen 20:30 doch langsam nervös, wo der Mannheimer Mannschaftsbus blieb, der doch um 18.00 Uhr in Mannheim hatte losfahren wollen. Zu unserer großen Freude stellten wir kurz darauf fest, dass unsere Vereinskameraden die Boote direkt zum KRV Wiking gefahren und auch schon aufgeriggert hatten. Nach dem reichlichen und geselligen Abendessen beim KRA ging es dann schon bald per Mannschaftsbus zurück zu unserer Übernachtungsstätte. Nach kurzer Auskundschaftung der schon gut belegten und mit gefühlten 45 Grad wohltemperierten Quartiere wurde kurzerhand entschieden, einfach auf dem Bootsplatz zu schlafen - ein paar von uns wagten sogar die Übernachtung auf der Pritsche. Während die meisten Teams gefühlt um 22.00 Uhr im Bett waren, war die Stimmung bei den Mannheimern ausgezeichnet, was sich dann aber auch bald beruhigte, immerhin war um 4.00 Uhr morgens aufstehen angesagt. Diese Uhrzeit kam dann wesentlich schneller als erhofft und nun war die Devise, mitten in der Nacht so viel Nahrung aufzunehmen wie möglich. Leider war die Kaffeemaschine auf einen derartigen Ansturm zu nachtschlafender Stunde nicht ganz eingerichtet, dennoch bekam Nina zünftig um 4:30 Uhr am Frühstückstisch, zur verschlafenen Verwunderung der anderen Mannschaften, ihr Geburtstagsständchen gebracht. Dann ging plötzlich alles ganz schnell: Lunchpakete machen, Wasser einpacken, ein letztes Mal Gebrauchtwasser auf dem Örtchen lassen und ab aufs Wasser.

Die Mannheimer Mannschaften waren „Betreutes Rudern“ in der Kraftwerk als Doppelfünfer ohne: Nina J., Hans K., EDE (Bernhard P.), Alexander S., Phillipp W. und Eddy (Markus H.) im Begleitfahrzeug sowie die „Mannheimer Wellenbrecher“ in der Hans-Peter Schröder als Doppelvierer mit: Janine A., Manuel C., Thomas K., Antje L. und Robert M.

Um Punkt 5:21 Uhr erging das Kommando losrudern und auf ging es. Plötzlich war alle Müdigkeit vergessen, die 3 km Hafenstrecke vergingen wie im Flug und draußen auf dem Rhein empfing uns eine verhältnismäßig leichte Strömung und ruhiges Wasser. Unser Boot fuhr die Strategie „alle 20 km den Steuermann zu wechseln“, was uns nach viermal wechseln bis nach Worms brachte. Im Lauf des Morgens frischte der Westwind wieder stark auf, so dass die Strecke vom Kraftwerk zum Campingplatz ungewohnt frustrierend war. Auch nach der Hemshofschachtel ließ uns der Wind nicht los. Diesmal nicht als Gegenwind sondern als Seitenwind, aber immer noch zermürbend.

Bei unserer Mittagspause in Worms trafen wir Eddy, den Fahrer des Begleitfahrzeugs des anderen Mannheimer Teams, zusammen mit EDE, der in Mannheim leider hatte aufhören müssen und die Tour nicht weiter fortsetzen konnte. Kurz darauf kam die Kraftwerk in Sicht – jetzt als Doppelvierer ohne – und fuhr nach einer kurzen Vorratsübergabepause weiter gen Mainz. Wir stellten fest, dass wir genau die Hälfte der Strecke bis Bingen hinter uns hatten, aber um 12:45 Uhr noch nicht die Hälfte des Tages. Aus diesem Grund machten wir uns guten Mutes auf in Richtung Mainz, diesmal mit einem 15 km Wechselrhythmus. Kaum zurück auf dem Rhein empfingen uns ein paar massiv stehende Wellen, die ein nicht sachgemäß verstautes Käsebrot unserer Obfrau alsbald im kompletten Boot verteilten. Ein Großteil davon nistete sich im Lauf der Zeit in lose verstauten Textilien ein. Bei der gründlichen Bootsreinigung nach der Tour fanden wir dennoch von Bug bis Heck gleichmäßig verteilte Käsestriezel überall. Zunächst ging es aber weiter: an Biblis, Gernsheim, Kühkopf, Oppenheim vorbei. Die Strömung wurde immer schwächer und die Kilometer wurden immer länger. Schließlich passierten wir den Rheinkilometer 500 in Mainz, entschieden uns die Rettbergsaue auf der hessischen Seite zu passieren, um beim Wassersportverein Schierstein einen weiteren kurzen Landstopp einzulegen. Eine Kanuregatta im Schiersteiner Hafen durchkreuzte diesen Plan (im wörtlichen Sinne), so dass wir uns mit einem Motorbootsteg in Rudererkopfhöhe am DLRG-Posten an der Hafeneinfahrt begnügen mussten. Aber auch hier durften wir freundlicherweise die sanitären Anlagen benutzen.

Es war mittlerweile 19:30 Uhr und es galt die letzten 25 km bis Bingen gegen den leicht nachlassenden Wind, dafür mit der stark nachlassenden Strömung, zu absolvieren. Dies waren sicher für alle die härtesten Kilometer der Tour. 10 km vor Bingen reaktivierten wir dann unsere mobile Kommunikationszentrale, die bislang wasserdicht – und wohl leider auch schalldicht – verstaut gewesen war. Wir mussten leider feststellen, dass die Kraftwerksmannschaft uns bereits Stunden zuvor davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass sie verletzungsbedingt in Mainz-Weisenau nach 137 km hatten aufhören müssen und sich mittlerweile, mehr oder minder wohlbehalten, auf dem heimischen Sofa in Mannheim befanden. Also bestellten wir bei der AYCR-Organisation ein Abholkomitee nach Bingen und begaben uns auf die letzten 10 km. Hier lieferten wir uns ein „Rennen“ mit einem anderen Boot, wobei der Wettbewerb eher darauf hinauslief wer mehr Pausen machte als wer zuerst ankam. Schließlich schafften wir es einige Minuten vor Sonnenuntergang (21:36 Uhr) zur Binger Pritsche, wo die Rheinströmung dann auch komplett zum Erliegen kam, so dass wir erst mal durchatmend abwarten konnten bis das Boot vor uns aus dem Wasser war. Nachdem wir uns zu den geschafften 172 Ruderkilometern gratuliert hatten  – womit übrigens jeder in der Besatzung sein DRV-Fahrtenwettbewerb Wanderfahrtenkontingent für 2017 erfüllt hatte – wurden wir wieder einmal von der perfekten Organisation in Erstaunen versetzt als wir uns unserem eigenen Mannheimer Bootsanhänger gegenüber sahen. Es waren mehrere Mannschaften in Bingen angelandet und alle halfen sich gegenseitig dabei, die Boote hoch zu tragen und aufzuladen, alles einzupacken und ab ging es zur Mainzer Rudergesellschaft von 1898 und dem versprochenen Chili-con-Carne. Nach einer gemütlichen halben Stunde auf dem Balkon der MRG über dem Rhein war es dann doch Zeit, sich in der bereits gut belegten Bootshalle ein Plätzchen für die Nacht zu suchen, während Antje und Thomas sich noch am selben Abend weiter bis nach Mannheim durchschlugen.

Alles in allem waren wir uns einig, dass es ein großartiges Event mit toller Organisation war – hier nochmals einen herzlichen Dank an WD vom Karlsruher Rheinclub Alemannia! Nachdem die Resultate eintrudelten, stellten wir fest, dass nur sieben Boote aus einem Teilnehmerfeld von 22 eine längere Strecke zurückgelegt hatten als wir. Für unsere erste Teilnahme sind wir mit dem Ergebnis hoch zufrieden und motiviert, im nächsten Jahr nochmal an den Start zu gehen. Mit etwas mehr Erfahrung, besserer Streckenkenntnis, höherem Wasserstand und vielleicht weniger Gegenwind dann durchaus mit dem Ziel Loreley!

Autor: Mannheimer Ruder Club 1875 e.V.

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