Anfängerwanderfahrt von Germersheim nach Mannheim
Heimlich schiebt Friedrich seine Schnauze in den Rucksack; ganz vorsichtig zieht er mit den Zähnen die Tüte eines halb aufgegessenen Frühstücks heraus – erwischt, aus dem Salamibrötchen wird leider nichts...
Während wir, am Samstagmorgen um acht Uhr noch etwas verschlafen, aber motiviert und als Anfänger leider auch unbeholfen, die Boote samt Zubehör auf den Anhänger laden, macht sich Friedrich weiter unverdrossen auf die Suche nach Essbarem. Als nach kurzer Zeit der Bootsanhänger angekoppelt ist und alle Rucksäcke mit ihren erwartungsvollen Besitzern im Bus verstaut sind, wird dem armen Hund klar: kein zweites Frühstück heute!
Gundolf chauffiert uns souverän nach Germersheim, wo wir gegen halb zehn die Boote abladen und aufriggern. Wir bewundern die Bootshalle und die jugendlichen Ruderer dieser gastfreundlichen Ablegestelle und verabschieden uns vorerst von einem hungrigen Friedrich und seinem Herrchen Gundolf. Wir sind in zwei Stunden in Speyer zum Pizzaessen verabredet – also los!
Ich sitze hinter Alexander in der "Rheinperle", Manuel steuert. Wir warten auf Steuerfrau Antje mit ihrer Mannschaft, Heike, Sigrun und Andreas in der "Jubilare". Wir starten Richtung Fluss.
Wenig los auf dem Rhein – noch. Auch rechts und links entlang des Ufers beschaulich viel Grün, entspannend wenig Volk. Herrliches Spätsommerwetter. Nach wenigen Kilometern löst sich das Steuerseil der "Rheinperle". Manuel robbt zum Heck und bringt die Sache wieder in Ordnung – die erste akrobatische Darbietung heute. Es geht weiter, vorbei am Atomkraftwerk Philippsburg, Containerschiffen und den einigen Motorjachten. Zwischendurch wird Durst gelöscht, in der "Jubilare" fährt eine Kiste alkoholfreies bestrumpftes Bier mit.
Manuel am Sitzsteuer entdeckt ihn zuerst: den Speyerer Dom. Wir drehen uns kurz um, freuen uns über den Anblick und lassen uns ein wenig treiben. Bis uns ein angespanntes "In die Auslage..." in Bewegung bringt, "...und los...Steuerbord über". Ein Blick Richtung Speyer und wir sind im Bilde: die "Jubilare" befindet sich bereits zwischen zwei Flusskreuzern, die Backbord-Skulls nehmen beinahe Kontakt auf zur Bordwand des soeben ablegenden Schiffes. Die Passagiere sind begeistert und applaudieren. Wir rudern durch heftige Wellen, rechts und links nehmen wir sehr nahe hohe Bordwände wahr. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren! Wenige Augenblicke später liegen die beiden Schiffe hinter uns – wir haben es geschafft. Auf dem Weg zur Anlegestelle treffen wir auf das Ausflugsschiff des "Sealife"-Museums; auch hier manövriert uns Manuel unbeschadet vorbei. Am Anleger des Rudervereins Speyer wartet schon Gundolf mit Friedrich – da fällt uns ein: jetzt gibt's Etwas zu essen!
Leicht erschöpft genießen wir Pizza, Gnocchi & Co. auf der Terrasse des Italieners mit Blick auf den Rhein. Wunderbar. Erholt und gestärkt nehmen wir Abschied von Gundolf – ganz herzlichen Dank für den Fahrdienst! Wir legen wieder ab, ein letzter Blick auf den badenden Friedrich, und schon trägt uns der Rhein Richtung Heimat. Etwas ist anders: auf dem Steuersitz der "Rheinperle" befindet sich eine Bierkiste. Der Steuermann sitzt hinter mir. Alex' athletischer Rücken ist verschwunden, er musste uns leider in Speyer verlassen. Manuel testet mein akrobatisches Können: die Bierkiste neigt sich leicht nach Backbord, ich krabbele hin, rücke sie zurecht, steige wieder zurück und befinde mich noch immer im Boot...
Wir gelangen zu einem Seitenarm des Rheins. Heike, nun Steuerfrau der "Jubilare", befreit sich von der Schnur eines sehr schweigsamen Anglers am Ufer. Langsam gleiten wir durch das stille Gewässer, welches uns wie eine Lagune erscheint. Wir werden umschwirrt von blauen Libellen, ducken uns unter dicht belaubten Zweigen hindurch, befestigen die Boote aneinander und genießen ein kühles Bier. Es herrscht nun Mittagshitze, Antje und Manuel erfrischen sich im blau-grünen Flusswasser. Steuerbord zieht die Kirche von Ketsch an uns vorüber. Wir lösen die beiden Boote voneinander; beeindruckt von diesem bezaubernden Fleckchen Natur verlassen wir den Seitenarm und machen noch einen Abstecher über einen See in der Hoffnung auf eine weitere Bademöglichkeit. Wir rudern fast den gesamten See ab, aber leider sehen weder das trübe Wasser noch das Ufer einladend aus: Gänse, verlassene Boote und weiße Reiher, die sich unseren bewundernden Blicken schnell entziehen. An einer passablen Stelle legen wir an, es wird gepicknickt und geplaudert, wir tanken neue Kraft und steigen mit aufgefrischter Motivation in unsere Boote.
Es geht durch den See zurück mit einem Damen- und einem Herrenboot: Andreas und Manuel ohne Steuer, aber mit Bierkiste in der "Rheinperle", Sigrun als Steuerfrau, Heike, Antje und ich in der "Jubilare". Wir befahren den Rhein nahe des Otterstädter Altrheins, was in etwa einem Besuch des Holiday-Parks nach einem Waldspaziergang entspricht. Es herrscht reges Treiben auf dem Fluss, Massen von Schiffen groß und klein, Wasserski wird auch geübt, unsere Ruderfreude bleibt ungetrübt! Zugegeben, die Wellen sind durchaus eine Herausforderung, besonders für Andreas im steuerlosen Zweier, akrobatisches Zurechtrücken der Bierkiste inklusive. Großes Lob an Manuel: die "Rheinperle" zieht souverän an uns vorbei!
Es ist mittlerweile später Nachmittag, noch immer strahlt die Sonne. Nähe Rheinau wird es auf dem Wasser ruhiger, wir passieren die Fähre bei Altrip, bestaunen das Großkraftwerk und machen Pause: Schuhe aus, Füße ins Wasser, der schmerzgeplagte Po darf vom Rollsitz runter. Aaaahhhhh! Es geht nach Hause. Glücklich betrachte ich die Menschen am Strandbad, nehme in der Ferne die Umrisse von Kalmit und Weinbiet wahr, lausche den schnatternden Gänsen in Höhe der Reißinsel und freue mich auf das Ritual des Bootanlegens: halbe Kraft, Wende über Steuerbord, Ruder halt – zu meiner Rechten taucht der Steg auf. Wir steigen aus, 47 Kilometer Ruderstrecke liegen hinter uns, die Sonne verschwindet gerade hinter der Walzmühle.
"Jubilare" und "Rheinperle" sind trocken und sauber an ihren Plätzen im Bootshaus, die Skulls hängen in Reih und Glied wo sie hingehören und mir ist nicht klar, woher ich die Kraft genommen habe, mich an dieser letzten Aktion zu beteiligen.
Vor dem Bootshaus lassen wir bei kühlen Getränken die Fahrt noch einmal Revue passieren und sind uns einig: wir durften eine wunderschöne, gelungene Wanderfahrt erleben, mit allem, was Mensch und Natur am und im Wasser zwischen Germersheim und Mannheim zu bieten haben! Vielen lieben Dank an Antje und Manuel für die Planung und Organisation der Fahrt und die Geduld mit uns!
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